Kaum vier Wochen nach ihrem Amtsantritt präsentiert Bundesbauministerin Verena Hubertz (SPD) den Gesetzentwurf zum sogenannten „Wohnungsbauturbo“. Ziel ist es, das Bauplanungsrecht für Wohnbauvorhaben spürbar zu flexibilisieren und Genehmigungsverfahren zu beschleunigen. Angesichts der anhaltenden Wohnraumknappheit und langen Planungszeiten sollen nun befristete Ausnahmeregelungen dafür sorgen, dass dringend benötigte Wohnungen schneller entstehen können.
Mehr Flexibilität und Tempo im Bauplanungsrecht
Kernstück des Entwurfs ist die Einführung des neuen § 246e BauGB. Dieser ermöglicht bis Ende 2030 für bestimmte Wohnbauvorhaben projektbezogene Abweichungen vom geltenden Planungsrecht. Kommunen erhalten damit die Möglichkeit, innovative oder dringliche Projekte auch außerhalb des üblichen Planungsverfahrens zu genehmigen – vorausgesetzt, der jeweilige Gemeinderat stimmt zu. Besonders im Bereich der Nachverdichtung, des seriellen Bauens und bei innovativen Konzepten wie 3D-Druck oder Holzhochhausbau könnten so neue Potenziale erschlossen werden.
Darüber hinaus wird die Befreiung von Festsetzungen eines Bebauungsplans (§ 31 Abs. 3 BauGB) künftig leichter möglich, wenn dies der Schaffung von Wohnraum dient. Auch im unbeplanten Innenbereich wird der Anwendungsbereich des § 34 Abs. 3a BauGB erweitert. Hierdurch können insbesondere Aufstockungen und Ergänzungsbauten schneller realisiert werden. Ergänzend werden bestehende Sonderregelungen, etwa zur Mobilisierung zusätzlicher Bauflächen (§§ 201a, 250 BauGB), um fünf Jahre verlängert.
Die Ministerin verfolgt dabei die Leitlinien „Tempo, Technologie und Toleranz“. In einem Interview mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland betonte Hubertz die Notwendigkeit, Genehmigungszeiten von aktuell durchschnittlich fünf Jahren auf wenige Monate zu verkürzen. Mit dem neuen § 246e BauGB könnten Verfahren künftig binnen zwei Monaten abgeschlossen werden – ein erheblicher Fortschritt für die Praxis.
Neue Chancen für Nachverdichtung und innovative Baukonzepte
Gleichzeitig betont Hubertz, dass der Gesetzentwurf kein Freibrief für unkontrolliertes Flächenwachstum sei. Vielmehr solle auch verstärkt auf Nachverdichtung und Aufstockung gesetzt werden, um zusätzlichen Wohnraum flächensparend zu schaffen. Ökologische Belange und Ausgleichsmaßnahmen würden selbstverständlich weiterhin berücksichtigt.
Für Immobilienverwaltungen und Projektentwickler eröffnet der „Wohnungsbauturbo“ neue Handlungsspielräume. Flexiblere Rahmenbedingungen können künftig die Umsetzung von Quartiersentwicklungen, Umbauten im Bestand und innovative Wohnkonzepte erleichtern. Gleichzeitig bleibt die kommunale Planungshoheit gewahrt: Jede Abweichung vom Planungsrecht bedarf der Zustimmung der Gemeinde.
Ein weiterer Schwerpunkt des Gesetzes liegt auf der Klarstellung der Anwendung der TA Lärm im Bauleitplanverfahren. Durch die Einführung eines neuen § 1a Abs. 6 BauGB wird sie künftig explizit als Orientierungshilfe in der planerischen Abwägung verankert. Ergänzend werden die Festsetzungsmöglichkeiten zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen erweitert – ein wichtiger Aspekt bei der Erschließung neuer Wohnbauflächen.
Förderprogramme und Finanzierung gezielt vereinfachen
Die Ministerin setzt sich zudem für die Vereinfachung von Förderprogrammen ein. Künftig soll es nur noch ein zentrales KfW-Programm geben, um Familien den Erwerb von Wohneigentum zu erleichtern. Gleichzeitig wirbt Hubertz für den verstärkten Einsatz staatlicher Kreditgarantien, um die Finanzierung von Neubauprojekten attraktiver zu gestalten.
Der Verband der Immobilienverwalter Deutschland bewertet den Gesetzentwurf als guten ersten Impuls. Geschäftsführer Martin Kaßler sieht darin praxisnahe Möglichkeiten für eine Flexibilisierung des Bauplanungsrechts, betont jedoch die Bedeutung einer rechtssicheren Umsetzung durch die Kommunen: „Insgesamt ist der „Wohnungsbauturbo“ als Teil einer umfassenderen Strategie zu sehen, die den Wohnungsbau in Deutschland wieder auf Kurs bringen soll. Angesichts steigender Baukosten, hoher Finanzierungslasten und regulatorischer Hemmnisse kommt es nun darauf an, Tempo in die Umsetzung zu bringen. Aber eines sollte dabei nicht vergessen werden: der Traum von der eigenen Immobilie als Altersvorsorge. Man darf gespannt sein, welche Weichen die Bundesregierung hierfür stellen wird.“