Weniger Förderung, mehr Pflicht? – PV im Wandel der Energiepolitik

19. August 2025|News

Die Photovoltaik bleibt ein politisches Streitthema. Bundeswirtschaftsministerin Katharina Reiche (CDU) hat die Notwendigkeit einer Förderung für neue, kleine Photovoltaikanlagen infrage gestellt. Angesichts stark gesunkener Preise für Solarmodule und Stromspeicher sei eine Einspeisevergütung für Neuanlagen aus ihrer Sicht nicht mehr erforderlich. „Neue, kleine PV-Anlagen rechnen sich schon heute im Markt“, so die Ministerin gegenüber der Augsburger Allgemeine. Für bestehende Anlagen sicherte sie den Betreibern jedoch den Bestandsschutz der über 20 Jahre festgelegten Einspeisevergütung zu.

Reiche betonte zugleich, dass künftige Anlagen stärker netzdienlich betrieben werden müssten. Stromerzeuger sollten Speicher integrieren, steuerbar sein und ihren Strom aktiv am Markt vermarkten. Die bisherige Praxis, Anlagen ohne Rücksicht auf Netzkapazitäten zu errichten, verteuere das Gesamtsystem. Auch die Regelung, Betreiber bei netzbedingter Drosselung zu entschädigen, will die Ministerin überdenken.

Während der Bund über den Abbau finanzieller Anreize diskutiert, treiben immer mehr Länder den Photovoltaikausbau durch gesetzliche Pflichten voran. Bremen schreibt seit Juli für jeden Neubau die Installation von PV-Anlagen vor. Insgesamt haben zehn Bundesländer Solarpflichten beschlossen – teils für Neubauten, teils auch für umfassende Dachsanierungen. Baden-Württemberg, Berlin, Bremen, Niedersachsen und Hamburg verlangen Photovoltaik auf Wohn- und Nichtwohngebäuden bei Neubau oder umfassender Dachsanierung. Nordrhein-Westfalen weitet seine Pflicht ab 1. Januar 2026 auf Sanierungen von Bestandsimmobilien aus. Schleswig-Holstein folgt ab März 2026 mit einer Pflicht für neue Wohngebäude, für Nichtwohngebäude gilt sie bereits.

Andere Länder wie Brandenburg, Rheinland-Pfalz und Bayern beschränken die Pflicht auf gewerblich genutzte Immobilien oder Nichtwohngebäude. Bayern hat zusätzlich eine unverbindliche Soll-Vorschrift für Wohnhäuser eingeführt. Rheinland-Pfalz schreibt zumindest die bauliche Vorbereitung für PV-Anlagen bei Neubauten vor. Unterschiede bestehen auch in Mindestgrößen, technischen Anforderungen und Ausnahmeregelungen.

Ein BGH-Urteil vom 13. Mai 2025 (Az. EnVR 18/23) sorgt außerdem aktuell für erhebliche Unsicherheiten beim Kundenanlagenprivileg im Mieterstrombereich. Besonders betroffen sind quartiersbezogene Energielösungen, bei denen mehrere Gebäude über einen gemeinsamen Netzanschlusspunkt versorgt werden sollen. Das Urteil lässt zwar Spielräume für bestimmte Modelle offen, stellt jedoch klar, dass Projekte, die als Verteilnetz im Sinne der EU-Richtlinie gelten, nicht mehr unter das Kundenanlagenprivileg fallen. Die genaue Abgrenzung bleibt jedoch unklar, was insbesondere größere Quartierslösungen gefährdet. Investoren und Dienstleister ziehen sich bereits zurück, das bremst die Energiewende und betrifft Immobilienverwaltungen. Der VDIV Deutschland hat sich daher an die zuständige Ministerin Reiche gewendet und eine gesetzliche Klarstellung zur Abgrenzung sowie Übergangshinweise der Bundesnetzagentur gefordert, um Planungssicherheit für Mieterstrom- und Quartiersprojekte zu schaffen.

Die anhaltende Diskussion zeigt den Zielkonflikt: Während der Bund Fördermittel kürzen will, setzen Länder auf Ausbaupflichten, und die Immobilienwirtschaft fordert vor allem verlässliche, unbürokratische Rahmenbedingungen. Für Investoren bleibt die Rechtslage unübersichtlich – und für Eigentümer stellt sich die Frage, ob künftige PV-Projekte durch Marktbedingungen, gesetzliche Pflicht oder beides bestimmt werden. „Nachdem Fördermittel insgesamt knapp sind, muss das vorhandene Geld zielgerichtet und effizient eingesetzt werden. Das Hinterfragen ist daher nicht grundsätzlich falsch – der PV-Ausbau läuft und lohnt sich wohingegen die energetisch schlechtesten Gebäude so viel finanzielle Unterstützung zur Sanierung benötigen wie möglich“, bewertet Martin Kaßler, VDIV-Geschäftsführer die aktuelle Diskussion.